Original Wolfen

Das im Rahmen des Festival OSTEN 2024 stattfindende Projekt erkundet ausgehend von der Geschichte Wolfens, einer ehemaligen Industriestadt, die heute Stadtteil von Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt ist, wie die Bevölkerung den dort stattgefundenen Strukturwandel erlebt hat. Darüber hinaus blickt es auf Rochester (USA) und Schostka (Ukraine) – beides Orte, die historisch mit Wolfen verbunden sind.

1910 eröffnete Agfa in Wolfen eine Filmfabrik, die zur größten Europas wurde. Hier wurde der Farbfilm erfunden und mit Ende des Zweiten Weltkriegs in Form von Patentschriften und Chemikalien in die USA verbracht, wo Kodak in Rochester bald ein Produkt nach gleichem Verfahren herstellte. Unter sowjetischer Besatzung wurden in Wolfen Anlagen demontiert und nach Schostka überführt, um dort das größte Farbfilmwerk der UdSSR zu errichten. In der DDR wurde Agfa zu ORWO (Original Wolfen), versorgte die DEFA genauso wie die florierende private Fotografie und exportierte das Material weltweit. Mit zunehmender Umweltverschmutzung wurde die Stadt zum Sinnbild eines scheiternden Sozialismus und schließlich zum Schauplatz einer disruptiven Deindustrialisierung.

Dort, wo einst die ORWO-Fabrik stand, befindet sich heute eine Wiese, auf der für das Festival ein temporärer Ausstellungspavillon aufgebaut wird. In Kooperation mit internationalen Partnern wie dem Goethe-Institut in Kiew oder dem George Eastman Museum lobt das Projekt drei Forschungsstipendien für die Produktion von Auftragswerken aus. Dafür begeben sich Künstlerinnen und Künstler in Wolfen, Rochester und Schostka auf die Spuren der untergegangenen Filmindustrie. Studierende der Klassen Expanded Cinema der Hochschule für Grafik und Buchkunst und des Masters Expanded Theater der Hochschule der Künste Bern sowie weitere Teilnehmer entwickeln für den Pavillon ein Programm mit abendlichen Filmvorführungen, Performances und anderen Formaten.
 

Künstlerische Leitung: Aljoscha Begrich
Kuratorin: Anne Diestelkamp
Architekt: Benjamin Förster-Baldenius / raumlaborberlin
Mitwirkende: Jan Caspers, Lucila Guichon, Britt Hatzius, Dima Levytzskyi, Maryna Makarenko, Anne König / Jan Wenzel, Michikazu Matsune, Martin Maleschka, Tobias Zielony