47. Jurysitzung

Einleitung

Die interdisziplinäre Jury der Allgemeinen Projektförderung empfahl auf ihrer jüngsten Sitzung im Frühjahr 2025 insgesamt 15 neue Förderprojekte mit einer Gesamtfördersumme von 2,6 Mio. Euro. Alle Projekte finden Sie in der untenstehenden Übersicht.

Crippled Symmetries. Patterns in contemporary music 

erformance mit vier Künstler*innen auf Bühne mit Instrumenten, Elektronik und Lichtprojektionen.
make beauty out of debris @Mara-Arteagaerformance mit vier Künstler*innen auf Bühne mit Instrumenten, Elektronik und Lichtprojektionen.

Mit „Crippled Symmetries. Patterns in contemporary music“ veranstaltet das Ensemble KNM im Frühjahr 2026 ein Festival für zeitgenössische Musik in Berlin und initiiert mit internationalen Partnern eine Konzertreihe mit ortsspezifischen Aufführungen in Athen, Busan, Kiel, Lima und Nantou (TWN). Ausgehend von Morton Feldmans Werk „Crippled Symmetry“, steht das „Zyklische“ in zeitgenössischer Musik im Mittelpunkt: Untersucht wird, wie Wiederholung und Rituale aus schamanischen oder rituellen Musiktraditionen in heutige Musik und Kunstformen der jeweiligen Länder einfließen.

Kindly invited

Publikum verfolgt eine Podiumsdiskussion in einem Theatersaal. Die Bühne ist hell ausgeleuchtet, der Saal gut gefüllt.
Literaturveranstaltung.  Foto: Annika Bethan

Das Festival-Symposium „Kindly Invited im Comedia Theater in Köln widmet sich im Frühjahr 2026 der Zukunft von Literaturveranstaltungen. Das Festival will auch Menschen für Literatur begeistern, die bisher kaum oder gar nicht an solchen Veranstaltungen teilgenommen haben. Fachleute und Branchengäste aus dem deutschsprachigen Raum und dem Ausland sind eingeladen, sich in Workshops und Diskussionsrunden darüber auszutauschen, wie das gelingen kann. An vier Tagen werden dabei neue Veranstaltungsformate erprobt, die zahlreiche Autorinnen und Autoren der Gegenwart auf die Bühne bringen.

Bárbara Wagner & Benjamin de Burca 

Junge Männer mit X auf der Hand bejubeln Sänger auf der Bühne
Straight-Edge-Konzert.   © Die Band Spiral in der Oettinger Villa, Darmstadt, 2024, Foto: Josi Hoffmann

Mit der Ausstellung „Bárbara Wagner & Benjamin de Burca“ (AT) präsentiert die Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main im Frühjahr 2026 die erste große Einzelausstellung des brasilianisch-irischen Künstler*innen-Duos in Deutschland. Für die Schirn Kunsthalle entwickeln Wagner und de Burca eine neue Arbeit zu der in den 1980er Jahren entstandenen Straight-Edge- Szene, die Hardcore-Musik und eine nüchterne, nachhaltige Lebensweise verbindet. Die Ausstellung fragt, ob und wie Straight Edge heute von Jugendlichen neuinterpretiert wird.
 

Spielarten des Populären

Ein Boxring auf einem Stadtfest und darin und darum viele junge Leute, die tanzen
Salia Sanou - Cie Mouvements Perpétuels, A nos combats.  Fotograf: Laurent Philippe

Mit „Spielarten des Populären“ möchte HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste in Dresden im Frühling und Sommer 2026 das Verhältnis zeitgenössischer Performancekunst zum Populären in Alltag, Medien, Politik und Gesellschaft untersuchen. Das Festival findet in Kooperation mit dem DFG-Sonderforschungsbereichs „Transformation des Populären“, der Universität Siegen und in Zusammenarbeit mit internationalen Performance-Künstlerinnen statt. Das Bühnenprogramm wird um ein wissenschaftliches Diskurs- und Rahmenprogramm, Residenzen, Workshops und Konzerte ergänzt. Im Zentrum steht die Frage, wie Performancekunst für viele Menschen relevant und zugänglich bleiben kann.
 

Hitze.Heat.

Zwei Personen stehen auf felsigem Untergrund in einer orangeroten Landschaft. Beide tragen schwarze Kleidung und große Fischmasken auf dem Kopf.
Hitze auf Kampnagel.  Credits: God's Entertainment

In Hamburg sind die Auswirkungen des Klimawandels schon heute spürbar – durch steigende Meeresspiegel, Stürme und Sturmfluten. Die internationale Seeschifffahrt, die Hamburg den Ruf eingebracht hat „Tor zur Welt“ zu sein, ist zugleich auch ein Treiber der Erderwärmung. Ursache und Wirkung der Klimakrise fallen in Hamburg nahezu symbolisch zusammen. Mit „Hitze“ präsentiert Kampnagel im Sommer 2026 ein Themenfestival, welches das Thema sinnlich und intellektuell zugänglich macht.

Metaxy: Zwischen Zerstörung und Wiederaufbau

Dreiteiliges, farbenfrohes Gemälde im traditionellen Stil, das das Leben in einem Dorf zeigt: Links Szenen bei Nacht mit Wasser und Häusern, in der Mitte ein belebtes Dorf mit Menschen bei verschiedenen Aktivitäten, rechts ein Dorf mit brennenden Häusern und Flucht.
Arinjoy Sen, SHE Kantha: Bengali Song, 2023 © Arinjoy Sen

Im Herbst 2026 zeigt die Akademie der Künste in Kooperation mit ARCH+ die Ausstellung „Metaxy: Zwischen Zerstörung und Wiederaufbau“. Angesichts von Kriegen, Klimakatastrophen und Fluchtbewegungen fragt das Projekt: Wie gehen Gesellschaften mit Verlust um – und wie entwerfen sie Zukunft?

Nesterval's Eldorado – Verfolgt in Berlin Mitte (AT)

Zwei Frauen stehen sich in einem warm beleuchteten Schlafzimmer gegenüber und berühren sich zärtlich. Im Hintergrund sind ein Bett mit zerwühlter Decke und Nachttische mit Lampen zu sehen. Die Szene wirkt intim und atmosphärisch.
Vorgängerarbeit „Der Rosa Winkel“ von Nesterval.  Foto: Alexandra Thompson

Mit „Nesterval's Eldorado“ befragt im Herbst 2026 die Wiener Performancegruppe Nesterval die queere und widerständige Geschichte der Berliner Sophiensæle und des umliegenden Scheunenviertels. Das einstige Handwerkervereinshaus war Ort jiddischer Kultur und revolutionärer Bewegungen in einem migrantisch und jüdisch geprägten Arbeiterviertel. In der Inszenierung entspinnen sich aus einer Bar mit Varieté reale Biografien aus dem Viertel von jüdischen und queeren Menschen, die vom NS-Regime kriminalisiert, verfolgt und ermordet wurden.

Cold as Ice. Kälte in Kunst und Gesellschaft

Skulptur mit silberner Rettungsdecke auf lila Unterlage, die eine liegende, verdeckte Form andeutet.
Klaus Weber, Emergency Blanket, 2015, Courtesy the artist, Andrew Kreps Gallery & Herald St Gallery  © VG Bild Kunst, Bonn 2025

Die Gruppenausstellung „Cold as Ice. Kälte in Kunst und Gesellschaft“ in der Weserburg versammelt ab Herbst 2026 internationale zeitgenössische Arbeiten, die Kälte als Metapher für gesellschaftliche Zustände wie Einsamkeit und Gleichgültigkeit aufgreifen. Konzeptueller Ausgangspunkt ist David Hammons' Performance „Blizzard Ball Sale“ (1983), bei der er Schneebälle verkaufte und so spielerisch kapitalistische Prinzipien kritisierte. Die Präsentation zieht von hier Fäden in die Gegenwart. Das umfangreiche Begleitprogramm konzentriert sich auf Strategien, um gesellschaftlicher Kälte entgegenzuwirken.

Along the Color Line – eine transatlantische Moderne

Gemälde mit zwei Schwarzen Männern, einer trägt eine Art Torte, der andere musiziert. Die Szenerie scheint sich auf einem Schiff abzuspielen.
Himid, Lubaina. Le Rodeur: The Cabin, (Le Rodeur: Die Kajüte), 2017, Köln, Museum Ludwig, Inv.-Nr. ML 10355, Ankauf 08.11.2017. Ankauf 2017. Eigentümer: Stadt Köln. Bild: Acryl auf Leinwand, 183 x 244 cm.  Foto: Historisches Archiv der Stadt Köln mit Rheinischem Bildarchiv, Walz, Sabrina, rba_d048096

Along the Color Line – eine transatlantische Moderne” beleuchtet ab Herbst 2026, wie Schwarze Künstlerinnen sich inspiriert, adaptierend oder in bewusster Abgrenzung zur Moderne verhielten und im kreativen Austausch neue Ausdrucksformen für das Leben zwischen den Kulturen entwickelten. Im 50. Jubiläumsjahr des Museum Ludwigs lädt die Sonderausstellung Besucher*innen dazu ein, den gesellschaftlichen Stellenwert von kultureller Identität, Gemeinschaft und Zugehörigkeit zu reflektieren und über die Relevanz kreativer Lösungen für das Leben mit und zwischen unterschiedlichen Kulturen nachzudenken.

Healland

Ein farbenfrohes, figürliches Kunstwerk steht auf einem weißen Podest; es ist vollständig mit bunten Pompons, Perlen und Garn bedeckt und hat eine hohe, turmähnliche Form. Sichtbar sind nur die schwarz-weiß gemusterten Beine der Figur, die dem Werk eine skulpturale Lebendigkeit verleihen.
Soundsuit, 2011/2025, mixed media including hooked rugs, fabric, metal, and mannequin. 109 1/2 x 35 x 16 inches (without pedestal). 114 1/2 x 36 x 36 inches (with pedestal). © Nick Cave. Courtesy of the artist and Jack Shainman Gallery, New York. Foto: Dan Bradica Studio.

Mit “Healland” zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg ab Herbst 2027 die erste umfassende Ausstellung des US-amerikanischen Künstlers Nick Cave (* 1959) in Deutschland. Cave ist international bekannt für seine Installationen, Textilarbeiten und performative Skulpturen, in Deutschland bisher wenig rezipiert. Seine Arbeiten bieten positive Instrumente der Selbstermächtigung, etwa die „Soundsuits“ – opulente Kostüme, die einen Schutzraum gegen Gewalt und Diskriminierung darstellen.

Marlow Moss: the substantial, the visible, the object (AT)

Schwarz-weißes Porträtfoto einer Person im Anzug mit weißem Halstuch, die den Kopf zur Seite gedreht hat. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1938 und wirkt durch das Licht und den Schatten sehr kontrastreich.
Marlow Moss, 1938.  Foto: Stephen Storm. Collection Museum of Literature, Den Haag.

Das Georg Kolbe Museum zeigt die Ausstellung „Marlow Moss: the substantial, the visible, the object“ über die queere britische Konstruktivistin Marlow Moss (1889–1958). Trotz ihres Einflusses, etwa auf Piet Mondrian, ist ihr Werk in Deutschland kaum bekannt. Die Schau präsentiert ihre abstrakte Erforschung von Licht und Raum, widmet sich ihren im Nationalsozialismus zerstörten Werken und lädt die vier internationalen zeitgenössischen Künstlerinnen Leonor Antunes, Tacita Dean, Florette Dijkstra und Ro Robertson zur Auseinandersetzung ein.

Who needs bondage? Isolation will do. (AT)

Mit „Who needs bondage? Isolation will do.“ (AT) widmet der Kunstverein Nürnberg — Albrecht Dürer Gesellschaft ab Herbst 2025 der Künstlerin, Musikerin und Videopionierin Julia Heyward (*1949 US, lebt in Los Angeles) die europaweit erste Einzelausstellung. Die gemeinsam mit der Künstlerin konzipierte Präsentation gibt mit Alben, Videos, Texten und bisher nicht gezeigten Fotografien, Archivmaterialien und Performance-Dokumentationen Einblicke in fünf Jahrzehnte künstlerischen Schaffens. 

Lessingtage 2026

Mit dem Themenschwerpunkt „Postpopulismus“ untersuchen die Lessingtage im Winter 2026 unter der Leitung von Matthias Lilienthal mit künstlerischen, theatralen und wissenschaftlichen Mitteln unsere Gegenwart, die zunehmend von Rechtspopulismus, antidemokratischen Tendenzen und digitalen Geschäftsmodellen der Technologie- Konzerne geprägt ist. Das Festival möchte Möglichkeiten durchspielen, wie Gesellschaften sich von Populismus und Tech-Monopolismus befreien können. Theaterproduktionen renommierter Regisseurinnen wie Marta Górnicka und Jakob Skrywanek beleuchten dazu etwa die Situation in Polen, ein Symposium widmet sich Prozessen und Hürden von Redemokratisierung. Milo Rau, Intendant der Wiener Festwochen und bekannt für seine theatralen Tribunale, inszeniert einen „Hamburger Prozess“, der gegen die Technologie-Firmen geführt wird.
 

siren eun young jung

Mit der Schau „siren eun young jung“ plant der Württembergische Kunstverein
Stuttgart im Frühjahr 2026 eine umfassende Einzelausstellung der südkoreanischen Künstlerin, die eine der ersten Gegenwartskünstler*innen in Südkorea war, die sich mit feministischen, queeren und transgender Themen befasst hat. Im Zentrum der Ausstellung stehen zwei neue raumgreifende Videoinstallationen, die die Künstlerin 2024 gemeinsam mit der Musikerin KIRARA schuf und die zum ersten Mal in Europa zu sehen sein werden.

Michael Asher

Das MUSEUM MMK FÜR MODERNE KUNST Frankfurt am Main richtet eine umfassende Ausstellung des US-amerikanischen Künstlers Michael Asher (1943–2012) aus, der in seinen Werken und Interventionen das Museum als Institution konzeptionell, räumlich und rechtlich hinterfragte.

Mitglieder der Jury

Über die in der Allgemeinen Förderung eingehenden Anträge entscheidet zweimal jährlich eine unabhängige Fachjury.