Save the Pedestals – Rettet die Sockel

Puppentheater aus Halle und Kapstadt – gefördert im Fonds TURN

In seiner - bislang unveröffentlichten - Erzählung „Save the Pedestals" lässt der renommierte südafrikanische Autor Ivan Vladislavić zwei ältere Menschen durch ihre gemeinsame Heimat Johannesburg streifen und über die Halbwertzeit und das Verschwinden von Monumenten der Geschichte nachsinnen. So entsteht ein poetisch-politischer Dialog, der den Fall Sadam Husseins und seiner Monumente ebenso wie den Sturz südafrikanischer Denkmäler oder die Inflation von Lenin-Statuen umfasst - und der auf einen Aphorismus von Stanislaw Lee Bezug nimmt: "Wenn ihr Denkmäler zerstört, schützt die Sockel. Sie werden immer gebraucht."

Ausgehend von Vladislavić’ Erzählung entwickeln die südafrikanische Handspring Puppet Company aus Kapstadt und das deutsche Puppentheater Halle gemeinsam mit der südafrikanischen Regisseurin und Choreografin Robyn Orlin eine Theaterinszenierung, die das ambivalente Verhältnis wechselnder politischer Systeme zu den Monumenten der Vergangenheit untersucht. Sie spannen einen historischen Bogen, in den die Erfahrungen in unterschiedlichen Diktaturen einfließen und der zwischen Denkmalschutz und -sturm die Kontinuitäten und Brüche des Erinnerns aufzeigt. Dabei nehmen sie zwei ungewöhnliche Denkmäler in den Blick: eine Lokomobile (eine dampfbetriebene Zugmaschine) in der namibischen Wüste bei Swakopmund und das Anton-Wilhelm-Amo-Denkmal in Halle an der Saale.

Die Lokomobile der Halberstädter Firma Dehne, die 1896 zur Unterstützung der deutschen Kolonialtruppen nach Walvis Bay gebracht worden war, blieb hier nur wenige Monate nach ihrer lndienstnahme im Wüstensand stecken. Sie wurde daher halb ironisch mit dem Namen des Reformators Martin Luther und seinem Spruch „Hier stehe ich, ich kann nicht anders" assoziiert und avancierte im Laufe des 20. Jahrhunderts zum Luther-Denkmal. Anton Wilhelm Amo (ca. 1703 -1753) hingegen war der erste bekannte Philosoph und Rechtswissenschaftler afrikanischer Herkunft in Deutschland. Als „Kammermohr" des Fürsten Anton Ulrich von Braunschweig und Lüneburg-Wolfenbüttel wurde er nicht nur evangelisch getauft, sondern studierte und promovierte in der Philosophie und den Rechtswissenschaften, bevor er 1747 in seine Heimat Ghana zurückkehrte. Die hallesche Skulptur von Eduard Geyer zeigt ihn mit einer unbekannten Frau und wurde 1965 von der Martin-Luther-Universität in Auftrag gegeben.

Was verbindet beide Denkmale, die einerseits europäische Hybris und andererseits eine frühe Form von afrikanischer Emanzipation aus dem Geist der Aufklärung repräsentieren? Beide Monumente erzählen von der einseitigen, skrupellosen Aneignung des afrikanischen Kontinents durch die Europäer. Was aber geschieht, wenn sie zum „Leben" erwachen und sich auf einer Bühne begegnen? Wie würde der Mensch Anton Wilhelm Amo auf die Maschine Martin Luther reagieren? Würde der Mann, der über den Sitz der Seele geforscht hat, auch dem künstlichen Körper eine solche immaterielle Seite zugestehen? Und wie ließe sich das besser verhandeln als mit Puppen, die ja selbst durch fremde Kräfte „beseelt" werden müssen?

Künstlerische Leitung: Christoph Werner (DE)
Regie: Robyn Orlin (ZA)
Puppendesign: Adrian Kohler, Handspring Puppet Company, Puppenbau: Adrian Kohler, Jonah de Lange, Andy Jones, Zweli Ncombela
Konzept Projekt / Koordination: Torsten Maß
Dramaturgie / Stückentwicklung: Francesca Spinazzi und Andreas Hillger
Projektorganisation: Annabell Busching
Regieassistenz: Henrike Wiemann, Ausstattungsassistenz: Marcel Dewart
Mit: Handspring Puppet Company (ZA), Basil Jones (ZA), Adrian Kohler (ZA), Nico Parisius (D), Franziska Rattay (D), Ivana Sajević (D), Francesca Spinazzi (D), Ivan Vladislavić (ZA), Mmakgosi Kgabi, Lambert Mousseka

Weitere Termine

Workshop im Baxter Theatre Kapstadt: 05.03.-12.03.2018
Workshop im Puppentheater Halle: 15.03.-19.03.2018
Aufführungen im Baxter Theatre Kapstadt: 28.03.- 30.03.2019

TURN – Fonds für künstlerische Kooperationen zwischen Deutschland und afrikanischen Ländern

Mit dem Fonds TURN möchte die Kulturstiftung des Bundes möglichst viele unterschiedliche Institutionen in Deutschland anregen, sich mit dem künstlerischen Schaffen und den kulturellen Debatten in afrikanischen Ländern zu beschäftigen.

Termine

Aktuell keine bevorstehenden Termine

Vergangene Termine

  • 24. Januar, 2019 bis 15. Februar, 2019: Aufführungen

    Puppentheater, Dock 2 , Halle (Saale)

  • 14. Oktober, 2018 : Lesung mit Ivan Vladislavić

    Zeit: 15 Uhr

    Puppentheater, Halle (Saale)

  • 12. Oktober, 2018 bis 23. November, 2018: Premiere & Aufführungen

    Puppentheater, Halle (Saale)

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