Tiere in der Stadt: Opfer oder Nutznießer einer verwundeten Umwelt?

Sunaura Taylor

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Die Künstlerin und Aktivistin Sunaura Taylor (ST) sieht Parallelen zwischen der Ausgrenzung und Unterdrückung von Tieren und der von behinderten Menschen. Im Gespräch mit der Kuratorin Alexandra Nehmer (AN) erläutert sie, inwiefern Menschen und Wildtiere in der Stadt gleichermaßen den Bedingungen einer „Disabled Ecology“ unterworfen sind. Gleiche Rechte sind ihrer Auffassung nach nicht genug für ein gelingendes Zusammenleben.

 

AN Weltweit migrieren immer mehr Tiere in die Städte, was maßgeblich an der Zerstörung ländlicher Habitate liegt. Würden Sie das als Symptom dessen verstehen, was Sie als „Disabled Ecologies“ beschreiben? Gleichzeitig verweist es auf die Handlungsmacht der Tiere, sich dieser Zerstörung zu widersetzen und sich an sie anzupassen. Glauben Sie, darin liegt ein Potential für neue Ökologien, neue Formen des Zusammenlebens von menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen?

ST Mit dem Begriff „Disabled Ecologies“ bezeichne ich die relationalen Netzwerke, die durch Behinderung erzeugt werden und diese wiederum selbst hervorbringen – zwischen Menschen und Nichtmenschen. Ein verletztes Habitat steht in Beziehung zu den Lebewesen, die dort keinen Schutz mehr finden und so selbst verletzt werden. Aber Disabled Ecologies haben – wie Behinderung im Allgemeinen – auch produktive, kreative Aspekte. Auch unter zutiefst unerwünschten Bedingungen wie der Lebensraumzerstörung gilt es, die Potentiale für neue Formen des Zusammenlebens zu entdecken. Dabei die Handlungsmacht nichtmenschlicher Tiere zu erkennen, ist wesentlich. Aber die Fähigkeit eines Lebewesens, sich Veränderungen anzupassen, ist nicht selbstverständlich und sollte auch nicht unseren Einsatz für den Habitatschutz bremsen. Narrative der „Anpassung“ können leicht von jenen instrumentalisiert werden, die die Erde nur weiter plündern wollen. Das Vorkommen nichtmenschlicher Tiere in Städten ist zudem mit der Ungleichheit zwischen Menschen verflochten. In wohlhabenden Gegenden findet man meist eine größere Vielfalt an Wildtieren, Ökologinnen bezeichnen das als „Luxus-Effekt“. Wie der afroamerikanische Stadtökologe Christopher Schell zeigt, folgen diese Dynamiken oft altbekannten Mustern von Rassismus und Klassismus. Umwelt- rassistische Effekte wie Wärme-Inseln, fehlende Grünflächen, Verschmutzung, etc. schaden Menschen, führen aber auch dazu, dass es in manchen Gegenden für Tiere schwerer ist zu gedeihen. Wenn das Teilen von Habitaten neue Formen des Zusammenlebens mit Nichtmenschen ermöglicht, wen erreicht also dieses Potential und wen nicht? In meiner Arbeit bin ich mir auch immer der Spezies bewusst, die in größter Zahl mit uns zusammenleben, aber weitgehend übersehen werden: Tiere in industriellen Zuchtanlagen und Schlachthäusern. In diesem Fall nimmt die Cohabitation eine sehr gewaltsame Form an. Auch hier können wir die vielfachen Spuren der Verletzung oder Behinderung von Menschen und nichtmenschlichen Lebewesen verfolgen, die hinter der Fassade der Tierindustrie passiert – die sich aber auch ausbreitet und in vielfältiger Weise auf Menschen, Tiere und die ökologische Gesundheit einwirkt. Das reicht von geschädigten Arbeitern über Luft und Wasserverschmutzung, die dort produzierten Treibhausgase bis hin natürlich zu den Tieren, deren Behinderungen bewusst herangezüchtet sind, um möglichst profitmaximierende Waren aus ihnen zu machen. Ich versuche mit dem Konzept der Disabled Ecologies unter anderem zu greifen, auf welchen Wegen der Schaden an Ökosystemen oder anderen Spezies immer verknüpft ist mit Schaden an Menschen.

AN Die Corona-Pandemie hat drastisch gezeigt, dass die Gesundheit von Menschen, anderen Spezies und ganzen Ökosystemen voneinander abhängen. Das Virus wurde mutmaßlich von Wildtieren auf den Menschen übertragen. Die menschengemachte Zerstörung von Ökosystemen und das damit verbundene Aufeinandertreffen von Arten verschiedener Habitate spielen eine entscheidende Rolle bei solchen zoonotischen Krankheiten. Mit der Anerkennung unserer Verwobenheit scheint auch ein wachsendes Bewusstsein für die darin liegenden Gefahren einherzugehen. Sollten wir eine stärkere Trennung von der natürlichen Welt anstreben, um uns zu schützen? Wäre es auch für die Natur das Beste, wir würden sie in Ruhe lassen?

ST Ich hoffe, das ist nicht die Richtung, die wir einschlagen werden – nicht zuletzt, weil die Einrichtung menschenfreier Schutzgebiete in der Vergangenheit unverhältnismäßig stark zu Lasten von indigenen Bevölkerungsgruppen ging, die dadurch ihres angestammten Landes beraubt wurden. Die Vorstellung, uns herauszunehmen und „die Natur“ in Ruhe zu lassen, klingt für mich, als würden wir sie aufgeben, und es klingt nach einer Fantasie. Wir sind Wesen, die buchstäblich aus anderen Wesen bestehen. Und wir haben uns in alles Mögliche eingeschrieben. Von Treibhausgasen in der Atmosphäre über Plastikpartikel im Regen bis hin zu PFAS, eine auch als „ewige Chemikalien“ bezeichnete Familie kaum abbaubarer Industriechemikalien, die man inzwischen in Böden, Gewässern und den Körpern von Lebewesen auf dem ganzen Planeten findet: Spuren der Menschheit sind überall. Wir sollten erkennen, dass das Narrativ der Trennung offensichtlich nicht funktioniert. Eine weitere Spaltung würde nicht mehr Empathie hervorbringen für die anderen Spezies, mit denen wir leben und deren Bedürfnisse wir besser kennenlernen sollten, sondern nur mehr Leid verursachen. Ich halte es also für unentbehrlich, unsere wechselseitige Abhängigkeit anzuerkennen – von anderen Spezies und unseren Ökosystemen. Ihre Gesundheit und ihr Wohl hängen mit unserer Gesundheit und unserem Wohl zusammen.

AN In Teilen des Diskurses über die Corona- Pandemie kann man eine grob vereinfachende Verquickung der Gesundheit von Menschen und Ökosystemen beobachten. So schreibt beispielsweise die Naturschutzorganisation Conservation International: „Natürliche Ökosysteme funktionieren ähnlich wie der menschliche Körper: Sind sie robust und gesund …, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie eine Krankheitsquelle darstellen.“ Läuft der Gesundheitsbegriff nicht auch Gefahr, unser Verhältnis mit der Umwelt zu naturalisieren und somit zu entpolitisieren?

ST Wir müssen definitiv immer vorsichtig sein, wenn Gesundheitsnarrative bedient werden. Mit dem Konzept der Disabled Ecologies will ich weder die Umwelt medikalisieren noch irgendetwas entpolitisieren. Eine der Grunderkenntnisse der Disability Studies ist, dass Gesundheit weder als isoliert noch neutral verstanden werden kann, sondern inhärent politisch und sozial ist. Deswegen wären Ökologen in der heutigen Zeit weltweiter ökologischer Versehrung gut beraten, von Behinderten- Communities zu lernen. Ökosysteme sind immer in Bewegung, nie beständig. Kritikerinnen des Konzepts der Ökosystemgesundheit argumentieren daher, dass Ökosysteme im Gegensatz zu Individuen keinen verallgemeinerbaren oder normativen Optimalzustand haben. Aber kritische Disability-Perspektiven zeigen, dass es für Menschen wie auch Ökosysteme viele verschiedene Möglichkeiten gibt, gesund zu sein. Wir können von ihnen lernen, wie man in und mit Behinderung leben, sich um Behinderung kümmern und an sie anpassen kann. Der Ableismus hat Vulnerabilität, Schwäche und Abhängigkeit lange Zeit als Marker von Behinderung und somit als unerwünscht deklariert. Das Wissen von Behinderten-Communities kann uns dabei helfen zu akzeptieren, dass wir alle verletzliche Wesen sind, die wir im Laufe unseres Lebens immer wieder in Abhängigkeit geraten. Wenn wir davon ausgingen statt von der Fiktion des unabhängigen, in sich abgeschlossenen Individuums: Wie würden wir Unterstützung und die Bedingungen für Wohlbefinden schaffen? Welche Sozialsysteme würden wir gestalten, welche Architekturen und Städte bauen? Ich spreche nicht nur von menschlicher Verletzlichkeit. Das hieße auch darüber nachzudenken, wie wir urbane und ländliche Räume nicht nur nach menschlichen Bedürfnissen gestalten, sondern auch nach denen der anderen Arten sowie der Landmassen und Gewässer, mit denen wir leben. Ich sage nicht, dass das leicht ist, und natürlich wurde das auch für Menschen noch nicht erreicht! Unsere Städte und Umwelten sind zutiefst von Ungleichheit geprägt. Wenn wir unsere Vorstellungen davon erweitern, welche Körper in einem Raum leben werden und dort gedeihen können müssen, und das wirklich wertschätzen, würden wir auf völlig andere Lösungen kommen.

AN Lange Zeit haben Architektur und Stadtplanung das Gegenteil bewirkt. Seit der Moderne haben sie die rein menschliche Stadt befördert. Der Hygienediskurs des 19. Jahrhunderts bereitete der engen Verbindung zwischen Menschen und Nutztieren ein Ende. Städtische Wildtiere wurden als „unnatürlich“ oder gar „degeneriert“ betrachtet und folglich eingedämmt und abgewehrt. Quer durch Ihr Werk betonen Sie eine Verbindung zwischen der Ausgrenzung und Unterdrückung von Tieren mit der behinderter Menschen. Könnte man argumentieren, dass die Schaffung der anthropozentrischen Stadt mit der einer ableistischen Stadt zusammenhängt?

ST Das ist eine großartige Frage. Was mir in den Sinn kommt, sind die sogenannten „Ugly Laws“. Diese Gesetze existierten in den gesamten USA von den 1880ern bis in die 1970er, als ein Mittel zur „Säuberung“ der Stadt: Man machte es für „unansehnliche“ oder „ekelerregende“ Menschen illegal, sich in bestimmten öffentlichen Räumen zu „exponieren“. Arme und behinderte Menschen konnten so nicht mehr auf der Straße arbeiten oder betteln. Die Disability-Studies-Forscherin Susan Schweik zeigt, wie diese Gesetze verknüpft waren mit solchen, die zeitgleich eingeführt wurden, um streunende Tiere von öffentlichen Orten zu entfernen. Manchmal wurden Bettler explizit mit Straßenhunden und anderen Tieren verglichen, beide Gruppen wurden als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Gesundheit angesehen. Diese Gesetze wirken bis heute nach – beispielsweise in San Franciscos umstrittenen „Sit-Lie Ordinances“, die es verbieten, sich auf dem Gehweg oder an anderen öffentlichen Orten hinzusetzen oder -legen. In der Praxis kriminalisieren sie Obdachlose. Es sind Verordnungen, die öffentliche Orte für manche – privilegierte – Körper leichter zugänglich machen und jene fernhalten, die nicht in das Bild eines sicheren, sauberen und hygienischen Raumes passen; diese Dynamiken sind zutiefst von Rassismus und Klassismus geprägt. Außerdem sind sie durch die Erfahrung der Animalisierung verbunden: Derartige Regularien und Narrative schaden behinderten Menschen, rassifizierten Menschen, Gendernormen widersprechenden Menschen – Menschen, die zuweilen als „tierischer“ oder „weniger menschlich“ angesehen werden.

AN Dieses Ordnungsstreben ist auch verbunden mit dem Aufstieg der kapitalistischen Stadt, deren Räume rein hinsichtlich ihrer Verwertbarkeit gestaltet sind. Alle – ob menschlich oder nichtmenschlich –, die diese vermeintlich stören, werden zunehmend vertrieben. In Ihrem Werk verfolgen Sie auch einen Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Ableismus. Menschen, die als „ineffizient“ oder „untauglich“ für die Arbeit innerhalb des kapitalistischen Systems galten, wurden als behindert und weniger wertvoll etikettiert. Auch Ökosysteme werden dann als „gestört“ gekennzeichnet, wenn sie nicht mehr ihre Funktion für den Menschen erfüllen. Zeitgleich aber mit seiner Entwertung des „ineffizienten“ Körpers produziert der Kapitalismus neue Behinderungen, gerade durch sein Streben nach Effizienz. Wie Sie zuvor beschrieben haben, schafft etwa die Fleischindustrie im Namen des Profits Behinderung unter Menschen und Nichtmenschen. Das verweist auf die Grenzen einer Strategie, die Disability Justice und Tierrechtsbewegung teilen: ein rechtsbasierter Ansatz. Wie weit wird es uns bringen, Tieren oder der Natur Rechte zuzugestehen? Es scheint, als würden sie weder Menschen noch Tiere vor Ausbeutung und Unterdrückung schützen, wenn nicht auch das zugrundeliegende ökonomische System verändert wird.

ST Wann immer wir Natur ausschließlich als Ware betrachten, entspricht das für mich dem, wie der Kapitalismus Menschen für ihre Arbeitsfähigkeit, ihre Effizienz und Produktivität als wertvoll erachtet – und weniger wertvoll, sogar wertlos, wenn sie diese Eigenschaften nicht haben. Eine antikapitalistische oder linke Perspektive ist daher für Behinderten-Communities und Umweltgerechtigkeit gleichermaßen wichtig, aber auch um Solidarität zwischen diesen Bewegungen aufzubauen. Rechte reichen dabei weder aus, noch sind sie der einzige Weg hin zu einer gerechten Welt; aber sie sind ein Mittel, das wir momentan haben und nutzen können. Keines, das wir alle haben natürlich, aber womöglich ist genau das der Punkt. Mir ist es wichtig, unsere aktuellen Rechte und den Kreis derer, die sie haben, auszuweiten – und gleichzeitig die Grenzen des rechtsbasierten Rahmens anzuerkennen, die in seine Strukturen eingeschrieben sind. Etwa, dass er auf starren Kategorien beruht – ableistischen und speziesistischen Definitionen des Menschseins zum Beispiel. Stattdessen müssen wir die Vorstellung überwinden, dass wir alles – jeden – in einfache Kategorien stecken können. Gerechtigkeit heißt für einen Fluss wahrscheinlich etwas anderes als etwa für eine Qualle oder für zukünftige Generationen. Aber während Rechte für mich nicht alles sind, weiß ich auch in sehr persönlicher Weise, wie sehr sie unser Vermögen, die Welt und den eigenen Körper zu bewohnen, beeinflussen. Ich habe gelebt, bevor und nachdem 1990 der „Americans with Disabilities Act“ beschlossen wurde. Meine Erfahrung ist keineswegs die aller Menschen mit Behinderung: Dieses Gesetz begünstigt bestimmte behinderte Menschen mehr als andere und schließt durch seine Definition von Behinderung manche komplett aus. Aber für mich hat das Recht, den Bus oder eine öffentliche Toilette zu nutzen, die Sphären der Möglichkeiten in meinem Leben völlig verändert.

AN Sie weiten diese Idee von gleichberechtigtem Zugang auch jenseits des Menschen auf andere Arten und Ökosysteme aus. Wie könnte es aussehen, einem beschädigten Ökosystem Unterstützung und „Zugang“ zu verschaffen?

ST Das wird bereits gemacht. Oft wird es Sanierung, Restauration oder Wiederherstellung genannt – abermals spiegelt hier vieles eine medizinische Sprache wider. Der behinderte Schriftsteller Eli Clare schreibt in seinem eindrucksvollen Buch „Brilliant Imperfection“ über die Unterstützung eines Monokultur-Maisfeldes dabei, sich hin zu einer Hochgrasprärie zu erholen. Für ihn ist der Wunsch nach Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme mit dem – oftmals problematischen – Drang zur Heilung behinderter Körper verbunden. Er sucht nach Wegen, die Wichtigkeit der Rehabilitation für Ökosystem wie Mensch anzuerkennen, ohne in ein Paradigma zu verfallen, das keinen Raum für die Wertschätzung von Behinderung lässt; gleichzeitig widersetzt er sich einem Narrativ, nach dem das Feld nur dann wertvoll sei, wenn es zu einem imaginär unberührten, geheilten Zustand zurückkehrt. Das ist auch eine der zentralen Fragen meiner Arbeit: Wie setzen wir die Behinderung verursachenden Ungerechtigkeiten ins Verhältnis dazu, dass Behinderung nicht rein negativ ist, nicht nur Mangel und Leid, nicht das Ende des Lebens ist. Behinderung ist kreativ, sie kann beglückend sein, ein Hort der Freiheit von der ständigen Anstrengung, die uns die Gesellschaft abverlangt, um „normal“ zu sein. Sie fordert uns auf, Wert in Lebensformen zu finden, die nicht nach Effizienz, Fortschritt und Rationalität ausgerichtet sind. Zugleich aber ist es problematisch, Behinderung zu romantisieren, da das ihre Verstrickung mit kapitalistischer, rassistischer und kolonialer Gewalt leugnen würde. Wir müssen beides gleichzeitig anerkennen, dann kann Behinderung Empathie und Solidarität quer durch alle Unterschiede ermöglichen – inklusive jenen zwischen den Arten. Ich denke auch an die Michi-Saagiig-Nishnaabeg- Intellektuelle Leanne Betasamosake Simpson, die zeigt, wie Indigene Beziehungen zu ihrem angestammten Land pflegen, unabhängig davon, ob es sich um geschützte Nationalparks oder stark verschmutzte Städte handelt. Sie fragt, wie jemand dem Land nahe sein kann, wenn es so verunreinigt ist, dass es eine Gefahr darstellt. Ihre Antwort: Wenn der Fluss zu verschmutzt ist, um darin zu schwimmen oder sich von ihm zu ernähren, kann man immer noch mit dem Boot darüber fahren. Sie sagt: „Du verstößt deine Mutter nicht, wenn sie krank ist. Du verstößt nicht das Land, weil es vergiftet oder überbaut ist.“ So verstehe ich auch Disabled Ecologies: als eine Umweltpolitik, die sich dagegen richtet, sich von Verwundung einfach abzuwenden, sondern die nach Wegen sucht, mit Behinderung zu leben.

Aus dem Englischen von Andrew Müller

Sunaura Taylor & Alexandra Nehmer

Für die Künstlerin, Aktivistin und Wissenschaftlerin Sunaura Taylor hängt die Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung mit der für Tiere zusammen. Ihre aktuelle Forschung an der University of California, Berkeley, beschäftigt sich mit der Frage, wie kritische Disability-Perspektiven unser Denken und Handeln angesichts der globalen Umweltzerstörung verändern können.

 

Die Kulturwissenschaftlerin Alexandra Nehmer ist Redakteurin der Zeitschrift ARCH+. Mit der Rolle von Stadtplanung und Architektur für ein selbstbestimmtes und solidarisches Zusammenleben beschäftigte sie sich u. a. als Mitarbeiterin der 2015 gezeigten Ausstellung „Wohnungsfrage“ am Haus der Kulturen der Welt und als Mit-Kuratorin der für 2021 geplanten Ausstellung Cohabitation (opens in a new window).

Cohabitation

Alexandra Nehmer gehört zur Künstlerischen Leitung des Projekts „Cohabitation“, das die zentrale und ambivalente Rolle von Städten bei der globalen Umweltzerstörung zum Anlass nimmt, das Zusammenleben von menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen in urbanen Räumen neu zu denken: An der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft, Architektur und Stadtplanung sollen Gestaltungsansätze für die Stadt der Zukunft entwickelt werden – eine Stadt, in der nichtmenschlichen Lebensformen eine bedeutende Rolle zugesprochen und ein solidarisches Zusammenleben zwischen Menschen und Tieren möglich wird. „Cohabitation“ verhandelt dieses Thema in verschiedenen, miteinander vernetzten Formaten: Eine Ausstellung hinterfragt das Mensch-Tier-Verhältnis in der Stadt anhand von historischen Fotografien und Dokumenten, internationalen künstlerischen Positionen sowie Case Studies und Gestaltungsexperimenten. Im Stadtraum Berlins werden modellhafte Inter-Spezies- Räume geschaffen und ein großes Rahmenprogramm abgehalten, das zentrale Vordenkerinnen aus den Bereichen Tierrecht, Naturschutz, Biologie, Architektur und Stadtentwicklung mit Aktivisten und beteiligten Künstlerinnen zusammenbringt. Das Projekt wird in der Allgemeinen Projektförderung gefördert.

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