In einer neuen Veranstaltungsreihe, den Laboren des Zusammenlebens (external link, opens in a new window), versammelt die Kulturstiftung des Bundes zukünftigdigitale Gespräche undkünstlerische Projekte.
Unter Labor verstehen wir eine Haltung zur Wirklichkeit. Sie speist sich aus der Erfahrung, wie schnell sich scheinbar gesicherte Annahmen überholen können. Die neue Veranstaltungsreihe lädt Künstlerinnen und Theoretiker, Wissenschaftlerinnen und Akteure der kulturell-institutionellen Praxis ein, Szenarien unseres zukünftigen Zusammenlebens zur gemeinsamen Testung vorzuschlagen.
Die Form der einzelnen Labore folgt dem, was Erkenntnisgewinn verspricht. Das mag eine moderierte Kontroverse um schmerzliche Zerwürfnisse in der kulturellen Praxis sein; ein anderes Mal ein schneller partnerschaftlicher Austausch zu Überlegungen im Entstehen, für die in der öffentlichen Debatte weitere Mitdenkende gewonnen werden sollen. Das Herzstück bilden künstlerische Projekte, die Künstlerinnen und Künstler im Dialog mit der Kulturstiftung des Bundes als Reallabore entwickeln. Hierbei entstehen Arbeiten für den digitalen Raum, die sich Zeit für intensive Recherchen nehmen und Experimente in Form und Ausdrucksweise darstellen.
Die Kulturstiftung des Bundes hat sich über die Jahre mit vielen Kulturinstitutionen verbunden, die sich den Herausforderungen eines Wandels ihrer Aufgaben in der Gegenwartsgesellschaft stellen. Als ein Knotenpunkt im Netzwerk wissen wir, dass viele unserer Partner überlegen, wie eine Neuausrichtung ihrer institutionellen Praxis im Zusammenhang des zukünftigen kulturellen Zusammenlebens aussehen könnte. In den Laboren wollen wir entsprechende Fragen bündeln und Handlungsoptionen diskutieren.
Den Auftakt unserer neuen Veranstaltungsreihe bildet am 28. Januar 2021ein digitales Gespräch zwischen dem Historiker und Literaturwissenschaftler Michael Rothberg und der Autorin und Publizistin Carolin Emcke:
Labor #1: „Erinnerungen an Gewalt – Zur Zukunft von Erinnerungskultur im globalen Kontext“ – Ein Gespräch zwischen Michael Rothberg und Carolin Emcke am 28. Januar 2021
Die deutsche und europäische Gedenkkultur an die Shoah wird in Zukunft nur dann lebendig bleiben, wenn sie den solidarischen Schulterschluss mit anderen Erinnerungen an die Gewalt im 20. Jahrhunderts sucht, so die Prognose von Michael Rothberg in seiner in den USA intensiv rezipierten Studie „Multidirectional Memory“. Sie erscheint in Kürze in deutscher Übersetzung. Rothberg plädiert dafür, den Blick für die Verstrickungen (post-)kolonialer und faschistischer Verbrechen zu öffnen. Gedenken sei kein „Nullsummenspiel“ oder Konkurrenzkampf um Opfertum, sondern gelebte Empathie und damit eine große Chance für das Miteinander der Erinnerungskulturen. Doch liegt in einer solchen Sichtweise auf die deutsche Geschichte nicht auch eine Gefahr historischer Relativierung, die einem gegenwärtig erstarkenden Antisemitismus in die Hände spielt? Könnte auch eine Abstumpfung gegenüber konkretem Leid die Folge sein?
Wir laden herzlich zu unserem ersten Labor ein! Die kostenfreie Veranstaltungfindet am 28. Januar 2021 um 19 Uhr auf Zoom statt.Interessierte haben die Gelegenheit, im Chat Fragen zu stellen.Ein Zugangslink ist nach Anmeldung unter laboredeszusammenlebens.liteproject.de erhältlich. Zusätzlich wird die Veranstaltung live auf Youtube gestreamt. Das Gespräch findet in englischer Sprache statt. Im Nachgang stellen wir eine Aufzeichnung mit deutschen Untertiteln bereit.
Das erste künstlerische Reallabor der Reihe wird im Mai 2021 unter dem Titel Made to Measure (external link, opens in a new window) vom Kollektiv Laokoon präsentiert und formuliert Anforderungen an eine digitale Datenethik für das Zeitalter algorithmischer Prognostik.