Der Austausch zwischen Kulturinstitutionen und Kulturschaffenden in afrikanischen Ländern und Deutschland durchläuft seit vielen Jahren einen tiefgreifenden Wandel: Afrikanische Kunstszenen sowie Künstlerinnen und Künstler aus Afrika und der Diaspora sind in Deutschland sichtbarer geworden, weiterhin sind bei der künstlerischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Themen wie Dekolonisierung, Nachhaltigkeit oder künftigen Formen des Zusammenlebens afrikanische und globale Perspektiven unverzichtbar. Zahlreiche transkontinentale künstlerische Beziehungen und Netzwerke sind hinzugekommen und wurden – nicht zuletzt durch die Förderung der Kulturstiftung des Bundes – gestärkt.
Mit dem Programm TURN2 – Künstlerische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und afrikanischen Ländern setzt die Kulturstiftung des Bundes ihre transkontinentale Fördertätigkeit fort: Im Fonds TURN2 werden künstlerische Kooperationen zwischen deutschen und afrikanischen Kultureinrichtungen gefördert und faire Zusammenarbeit unterstützt. Weiterhin wurde mit den TURN2 Residencies ein Residenzprogramm für kuratorische Recherchen ins Leben gerufen, das Nachwuchskuratorinnen und -kuratoren und Kulturschaffenden mit kuratorischer Erfahrung die Chance bietet, an den Standorten Berlin (ab September 2021), Lagos, Nairobi oder Johannesburg (vorauss. ab Januar 2022) zu arbeiten und Kontakte zu knüpfen. Auf diese Weise sollen sich die jeweiligen Kulturszenen weiter verbinden und Netzwerke ausgebaut werden.
Die TURN2 Residencies sind eine Kooperation der Kulturstiftung des Bundes, des ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik(ZK/U Berlin) und des Triangle Network und werden in Zusammenarbeit mit dem Nairobi Contemporary Art Institute(NCAI), der G.A.S. Foundationin Lagos und der Bag Factoryin Johannesburg durchgeführt.
TURN2 Residencies – 15 Kuratorinnen und Kuratoren ausgewählt:
Die Fachjurys der TURN2 Residencies haben sich im Juni 2021 für die Förderung folgender 15 Fellows entschieden:
- ZK/U Berlin: Laura Ganda (Harare), Mike Mavura (Kapstadt), Renée Akitelek Mboya (Nairobi), Sibongile Msimango (Johannesburg), Luamba Muinga (Luanda), Luvuyo Equiano Nyawose (Kapstadt)
- G.A.S. Foundation in Lagos: Lynhan Balatbat Helbock (Berlin), Miriam Bettin (Köln), Mahret Ifeoma Kupka (Frankfurt a. M.)
- Bag Factory in Johannesburg: Federica Bueti (Berlin), Vincent Schier (Berlin/Göttingen), Sofia Ana Elise Steinvorth (Würzburg)
- NCAI in Nairobi: Jumoke Adeyanju (Berlin), Nathalie Anguezomo Mba Bikoro (Berlin), Kathy-Ann Tan (Berlin)
Weitere Informationen zu den ausgewählten Fellows sind auf der Website des ZK/U Berlin (externer Link, öffnet neues Fenster) abrufbar.
Fonds TURN2 – 9 künstlerische Kooperationsprojekte:
Die Jury des Fonds TURN2 hat im Juni 2021 neun künstlerische Kooperationsprojekte mit einem Fördervolumen von 1,3 Mio. Euro für eine Förderung empfohlen. Daran beteiligt sind u. a. 17 Partnereinrichtungen aus elf afrikanischen Ländern. Gefördert werden Projekte aus den Bereichen Musiktheater, Bildende Kunst, Musik, Kulturgeschichte sowie spartenübergreifende Vorhaben.
- „Afropollination“ von Piranha Arts in Berlin und Boutique Foundation/Nyege Nyege Festival in Kampala (Uganda): Das Projekt bringt Musikerinnen und Musiker verschiedener Genres und Performer aus Deutschland, Uganda, Südafrika, Kamerun, Kenia, DR Kongo und weiteren afrikanischen Ländern zusammen.
- „Unraveling the (Under)Development Complex, or: Towards a Post-(Under)Development Interdependence“ von SAVVY Contemporary in Berlin, Bandjoun Station in Bandjoun (Kamerun) und African Digital Heritage (Kenia): Das Projekt würdigt den guyanischen Autor Walter Rodney anlässlich des 50-jährigen Jubiläums seines Buches „How Europe Underdeveloped Africa“ und hinterfragt überlieferte Vorstellungen von entwickelten und unterentwickelten Weltregionen.
- „Deep into Highlife. Santrofi’s Highlife Sessions“ von Outhere Records in München und Santrofi aus Accra (Ghana): In Zusammenarbeit mit Musikerinnen und Musikern aus Deutschland und Ghana wird in Workshops ein Album zu den westafrikanischen Musikrichtungen Highlife und Afrobeat entstehen und in Konzerten präsentiert.
- „The Ghosts are Returning“ von Podium-Festival in Esslingen, Centre d’Art Waza in Lubumbashi (DR Kongo), Group50:50 und European Alternatives: Das postdokumentarische Musiktheaterprojekt beschäftigt sich mit dem transkontinentalen Handel mit Rohstoffen, Menschen und kulturellen Artefakten, mit Migrationsbewegungen und Fragen der Restitution und Wiedergutmachung.
- „The Common Stories. Soundtrack of our Wars: A Documentary Musical Theatre“ von Oyoun – Kultur NeuDenken in Berlin, Ubumuntu Arts Festival in Kigali (Ruanda) und Sarajevo War Theatre in Sarajevo (Bosnien und Herzegowina): Das dokumentarische Musiktheaterprojekt befasst sich mit Vergangenheitsaufarbeitung und Kriegstraumata in der Diaspora und in Post-Konflikt-Gesellschaften.
- „Marejesho – asili mila utamaduni wetu. Kilimanjaro Colonial History Mobile Exhibition“ von Flinn Works in Berlin und Old Moshi Cultural Tourism in Old Moshi (Tansania): In mobilen Pop-Up-Ausstellungen in Tansania sowie einer Ausstellung im Tieranatomischen Theater in Berlin werden die Themen Kolonialgeschichte und Rückführung von Artefakten und menschlichen Überresten behandelt.
- „We Yan Daudu. Towards a Decolonial Queer Vocabulary“ von Kampnagel Hamburg und The Oasis Project in Lagos (Nigeria): Das Projekt befragt eurozentrische Begriffe von Queerness, um neue Begrifflichkeiten zu entwickeln, die historisch, sprachlich und gesellschaftlich die Lebensrealitäten in Nigeria reflektieren. Entstehen soll ein digitales Glossar von Neologismen und vergessenen oder wiederentdeckten Begriffen.
- „LabKontempo Kinshasa/Berlin. A Question of Perspective“ von Acud Macht Neu in Berlin und Option ONGD in Kinshasa (DR Kongo): Das Festival LabKontempo erprobt neue Formen der Zusammenarbeit, die aus der pandemischen Erfahrung von Kontrollverlust und Verletzlichkeit hervorgehen und postkoloniale Denkstrukturen in der internationalen zeitgenössischen Kunst hinterfragen.
- „People’s Stories – Past and Present. Bridging the Silenced and Liminal Spaces of African Imaginary“ von Dox Box e. V. in Berlin, RAW Material Company und KENU in Dakar (Senegal), Centre Cinématographique Marocain in Rabat (Marokko), Cinémathèque de Tanger (Marokko), Dar Al-Ma’mun in Marrakesch (Marokko), Art Gallé in Nuakschott (Mauretanien) und weiteren Partnern: Im Zentrum dieses Projekts stehen dekoloniale Zugänge zu Filmarchiven. In Workshops, Präsentationen, Ausstellungen und einem Symposium soll u. a. der Frage nach der Restitution von Film in Kolonialarchiven nachgegangen werden.
Hintergrund: Bereits seit 2012 unterstützt die Kulturstiftung des Bundes künstlerische Kooperationen zwischen Deutschland und afrikanischen Ländern. Im Fonds TURN – Vorläufer des Programms TURN2 – wurden insgesamt 101 Vorhaben mit Partnern aus über 30 afrikanischen Ländern gefördert.
Alle Informationen zum Programm TURN2 finden Sie auf unserer Website unter www.kulturstiftung-des-bundes.de/turn2 (externer Link, öffnet neues Fenster) sowie in den Social Media unter #FondsTurn2 und #Turn2Residencies.