Animismus

Ausstellung und Konferenz

Animismus war eine mehrteilige Ausstellung, die die gegenwärtig stattfindende Neubewertung der Moderne im Sinne von Bruno Latours Titel „Wir sind nie modern gewesen“ aufgriff. Ihren Ausgangspunkt bildeten künstlerisch-ästhetische Verfahren der Animation, die vor allem aus dem Trickfilm bekannt sind. Die Ausstellung untersuchte deren Zusammenhang mit den kategorialen Grenzziehungen des modernen Weltbilds. Die Animation nämlich verdankt ihre Attraktivität der Überschreitung von Grenzen; die Trennung von Leben und Nicht-Leben, Stasis und Bewegung, Menschlichem und Tierischem, Realität und Imagination etwa wird durch sie systematisch de-stabilisiert.

Die Ausstellung stellte diese Phänomene in den Kontext des aus der Ethnologie des 19. Jahrhunderts stammenden Animismus-Begriffs und lotete diesen neu aus. Animismus wird im Allgemeinen als eine religiöse Praxis verstanden, die Objekte und Natur als lebendig begreift, als unterschiedliche Formen von Subjektivität besitzend. Insofern warf das Projekt Fragen nach den Grenzen von Objekten und Subjekten, von Natur und Kultur, von Psyche und materieller Welt auf. Der Begriff Animismus wurde zum Ausgangspunkt einer Untersuchung jener Grenzen – nicht zuletzt weil diese durch globale und technologische Entwicklungen der letzten Jahrzehnte in Bewegung geraten sind und auf dem Prüfstand stehen. Mit rund 30 internationalen Künstlern entstand im Haus der Kulturen der Welt ein ethnologisches Museum der Moderne.

Die begleitende Konferenz brachte Theoretiker und Künstler zusammen, die an der Revision der modernen Vorstellung vom Animismus wesentlichen Anteil haben, und damit auch neue Zugänge zur Vorstellung von "Moderne" eröffnen. Drei Roundtables erkundeten u.a. die Beziehung des Animismus' zum Kapitalismus oder zur Politik und widmeten sich aktuellen Fragen der Neuordnung ökonomischer, politischer und ökologischer Welt-Verhältnisse. Die Lectures kommentierten die transdisziplinär neu entdeckte Aufmerksamkeit des Animismus vor philosophischem, politischem und wissenschaftstheoretischem Hintergrund.
Aktionen für Kinder und Jugendliche begleiteten die Ausstellung: mit einer Retrospektive des berühmten japanischen Zeichentrickfilmers Hayao Miyazaki („Chihiros Reise ins Zauberland“) sowie Comic- und Trickfilmworkshops.

Zum Projekt in Berlin erschien in Kooperation mit dem Verlag diaphanes eine Publikation mit theoretischen Texten zum Thema der Ausstellung. “Animismus – Revisionen der Moderne”, herausgegeben von Irene Albers und Anselm Franke. Diese diskutiert zentrale Positionen der internationalen Debatte erstmals in deutscher Sprache.

Künstlerische Leitung: Anselm Franke (Kurator), Irene Albers (Projektleitung Freie Universität Berlin)
Künstler/innen: Adam Avikainen, Agentur, Marcel Broodthaers, Didier Demorcy, Walt Disney, Jimmie Durham, León Ferrari, J.J. Grandville, Victor Grippo, Candida Höfer, Tom Holert , Ken Jacobs, Yayoi Kusama, Lars Laumann, Len Lye, Daria Martin, Angela Melitopoulos und Maurizio Lazzarato, Vincent Monnikendam, Istvan Orosz, Roee Rosen, Dierk Schmidt, Erik Steinbrecher, Paulo Tavares, Rosemarie Trockel, Martin Zillinger u.a.

Das Projekt Animismus war eine Kooperation zwischen Extra City – Kunsthal Antwerp, Antwerpen; Museum van Hedendaagse Kunst, Antwerpen, Kunsthalle Bern, Bern; Generali Foundation, Wien; Haus der Kulturen der Welt, Berlin. Das Projekt in Berlin war eine Kooperation mit der Freien Universität Berlin.

Kontakt

Freie Universität Berlin
Peter-Szondi-Institut

Habelschwerdter Allee 45

14195 Berlin

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