L'Orfeo von Claudio Monteverdi

Ein musikalisches Experiment im Hebbel am Ufer (HAU 1) Berlin

Die Oper L’Orfeo, mit der Monteverdi zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine der ersten Opern schrieb, erzählt von dem Sänger Orfeo, der mit seiner Kunst die Menschen verzaubert und die Unterwelt bezwingt. In der Inszenierung des Berliner Hebbel am Ufer 1 (HAU 1) wurde Orfeo von der kanadischen Sängerin und Performancekünstlerin Peaches dargestellt. Sie brachte den mit ihrer Person verbundenen Gender-Diskurs als thematischen Schwerpunkt in die Inszenierung ein. In der historischen Aufführungspraxis war die gegengeschlechtliche Besetzung der Rollen mit Kastraten ein üblicher Vorgang. In der Inszenierung im HAU 1 wurden außerdem die Rollen der Messaggera und der Speranza mit Countertenören besetzt. Aus der post-geschlechtlichen Ambivalenz der Figuren entwickelte Regisseur Daniel Cremer eine utopische Gemeinschaft, die sich zu Beginn selbst feiert und an sich berauscht. Nach der Nachricht vom Tod seiner Frau Euridice tritt Orfeo aus dieser Gemeinschaft heraus und unternimmt den Versuch, sie mithilfe seiner Kunst aus der Unterwelt zu befreien.

Der musikalische Leiter der Inszenierung war der Barockspezialist Olof Boman. Das Solistenensemble Kaleidoskop unterstrich mit dem Spiel auf historischen Instrumenten die außergewöhnliche Intimität und Emotionalität der Musik. Gemeinsam gingen sie aber auch experimentelle Wege. Die frühbarocke Musik ist dem gegenüber offen, da ohnehin wenig exakt notiert wurde und damals eigene musikalische Interpretationen und radikale Eingriffe selbstverständlich waren. In Zusammenarbeit mit Peaches wurden einige Stücke bearbeitet und in ihren musikalischen Kosmos überführt - allerdings ohne die Instrumentierung zu verändern. Stattdessen arbeiteten die Musiker mit elektrischer Verstärkung und Verzerrung ihrer Instrumente, es wurde z.B. auf ein zeitgenössisches Mittel der Popmusik, den Vocoder zurückgegriffen, der die Stimme stark verändern kann. Peaches‘ erste Auseinandersetzung mit der Oper eröffnete der Sängerin eine neue musikalische Welt. Ebenso erhielt die Oper popmusikalische Impulse - ein fruchtbares Experiment für beide Seiten.

Dirigent: Olof Boman
In Zusammenarbeit mit dem Solistenensemble Kaleidoskop
Orfeo: gesungen von Peaches
Regie: Daniel Cremer
Bühnenbild: Mascha Mazur
Kostümbild: Nina Kroschinske
Dramaturgie: Brigitte Häusinger

Die Premiere fand Anfang Mai 2012 im HAU 1 statt.

Kontakt

Hebbel am Ufer

Stresemannstraße 29

10963 Berlin

www.hebbel-am-ufer.de (externer Link, öffnet neues Fenster)