100 Jahre Wolfgang Koeppen

Am 23. Juni wäre der Schriftsteller und Ehrenbürger Greifswalds 100 Jahre alt geworden. Das Literaturzentrum Vorpommern und die Universitäts- und Hansestadt Greifswald erwiesen dem Jubilar an diesem Tag mit einer Reihe von Veranstaltungen und einer neuen Ausstellung "Wolfgang Koeppen - im Labyrinth des Schreibens" die Reverenz.

Wolfgang Koeppen ist eine Jahrhundertgestalt. Kindheitserlebnisse im Ersten Weltkrieg, Journalisten- und Theatererfahrungen in der Weimarer Republik, Buchveröffentlichungen im Dritten Reich und ein literarischer Neuanfang mit seinen bis heute gültigen Romanen aus den frühen 50er Jahren umspannen einen weiten historischen Horizont mit diversen Umbrucherfahrungen. Über wechselnde Zeiten hinweg führte der Autor eine literarische Existenz, sah sich als Romanfigur und Beobachter, entzog sich politischer Vereinnahmung und hatte sich scheinbar nach seiner Romantrilogie "Tauben im Gras" (1951), "Das Treibhaus" (1953) und "Der Tod in Rom" (1954) ausgeschrieben. Wenngleich Koeppen fortan den Verleger- und Lesererwartungen, die auf Neues aus seiner Feder hofften, kaum gerecht werden konnte, er sich selbst als Schreibversager und im bürgerlichen Leben als gescheitert empfand, zeugen doch seine vielen Anfänge und Projektskizzen aus seinem Nachlass von einem Koeppen, der schrieb, aus seinem Schreiblabyrinth jedoch keinen Ausgang mehr fand. Verlegerisches Mäzenatentum sorgte dafür, dass Koeppen das Leben eines in seinem Sinne modernen Autors führen konnte, in dem das Veröffentlichte nicht als alleiniger Maßstab einer literarischen Existenz galt.

Die Greifswalder Ausstellung widmet sich dem Künstler Koeppen, blickt in seine Schreibwerkstatt, zeigt den vielschichtigen Literaten und produktiven Journalisten, dokumentiert seine Schreibqualen und Versagensängste, beschreibt einen Ästheten, der Literatur lebt, einen manischen Leser, Rollenspieler und pausenlosen Fabelerfinder. Nicht minder wichtig ist der Zeitchronist, der sich mit der einprägsamen Darstellung von Krisenerfahrungen in Zeiten der Modernisierung, des Zeitumbruchs nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, einen vorderen Platz in der deutschen Literatur erschrieb. Koeppen selbst war mit diesen Umbrucherfahrungen, der schmerzenden Zeit und ihren Symptomen der Angst und Verzweiflung bestens vertraut. Der Autor fühlte sich zeitlebens als Außenstehender und Beobachter, als Einsamer in der Menge, der selten aus seiner Haut konnte und auf der Suche nach sich selbst literarische Grenzen überschritt. Das erregte Medieninteresse, schuf eine Aura prophetischer Existenz und hielt ihn auch in jenen langen Zeiten im Gespräch, als er als Romanautor längst verstummt war.
Die Ausstellung nutzt den Nachlass im Greifswalder Wolfgang-Koeppen-Archiv, um aus Koeppens "Zettelgebirge", diversen Schreibanfängen und Projektskizzen, aus Briefen, Büchern und Sachzeugnissen einen großen Literaten hervortreten zu lassen.

Die Ausstellung wurde dank der freundlichen Unterstützung durch die Kulturstiftung des Bundes, die Wolfgang-Koeppen-Stiftung, das Land Mecklenburg-Vorpommern, die Universitäts- und Hansestadt Greifswald und das Quartiersbüro Fleischervorstadt (Greifswald) ermöglicht.

Künstlerische Leitung: Anett Hauswald
Beteiligte: Anja Ebner, Roland Ulrich, Carsten Minkewitz, Günter Grass, Peter Rühmkorf Ulla Unseld-Berkewicz, Motion Trio (PL), Hiltrud Häntzschel, Günter Häntzschel

Kontakt

Internationales Kulturaustauschzentrum e.V.
Anett Hauswald

Bahnhofstraße 4

17489 Greifswald