Das Landleben ist in den Medien angesichts demografischer, infrastruktureller und wirtschaftlicher Veränderungen allgegenwärtig. In Zeitungen, Zeitschriften und im Fernsehen, in politischen Reden, ökonomischen Kalkulationen und in demografischen Untersuchungen werden Bilder ruraler Lebenswelten aufgerufen, die einerseits romantische Vorstellungen einer neuen Landlust bedienen und andererseits düstere Szenarien von ‚sterbenden’ Dörfern entwerfen. Das Land als Imaginationsraum, so scheint es, hat gerade in Zeiten gesellschaftlichen Umbruchs Konjunktur.
Auch die zeitgenössische Literatur hat das Landleben wieder für sich entdeckt – und zwar abseits gängiger Polarisierungen. Soziale, politische, technische und kulturelle Entwicklungen und Umbrüche wirken sich im und am ländlichen Raum besonders deutlich aus. Daraus schöpft auch die Literatur ihre Geschichten. In und mit ihnen werden ländliche Lebenserfahrungen angesprochen und gestaltet, Wünsche, Belastungen und Ängste ausgedrückt und verarbeitet, Veränderungen thematisiert und reflektiert. Diese Geschichten sind nicht allein dokumentarischer Natur; sie verdichten und verzerren, ironisieren und fantasieren, spitzen zu und stellen in Frage.
In der Auseinandersetzung mit individuellen, traditionellen oder gemeinschaftlichen Lebensentwürfen in Stadt und Land fragt das Erzählen nicht zuletzt nach dem ‚guten Leben‘ (bzw. dessen Gegenteil). Was bedeutet der Wandel ganzer Landstriche und Regionen für die Menschen, die in ihnen leben? Welche Probleme und Herausforderungen, Ängste und Hoffnungen, Erinnerungen und Utopien haben sie? Welche Vergangenheiten erinnern sie, in welcher Gegenwart leben sie und wie könnte ihre Zukunft aussehen? Mit diesen und anderen Fragen befasste sich 2016 die Lesereihe „Über Land“.
Studierende des Fachbereichs Design der Fachhochschule Potsdam haben 2015 fünf sehr unterschiedliche Regionen im ländlichen Raum fotografisch erkundet und porträtiert. Die Arbeiten spiegeln die Gebiete in ihrer Unterschiedlichkeit – ihre Bewohner, Eigenheiten, die Landschaft und Räume. In wechselnden Ausstellungen im Foyer der Kulturstiftung des Bundes haben wir zu jeder Lesung eine der Regionen gezeigt. Außerdem fanden im Anschluss an die Lesungen Gespräche mit geladenen Gästen statt. Die Stationen der Lesereihe im Einzelnen: