Scham. 100 Gründe rot zu werden

Ausstellung im Deutschen Hygiene-Museum Dresden

Schandmaske mit zwei langen Ohren und einer Flöte an Stelle des Mundes, 17. Jahrhundert, © Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg. Foto: Monika Runge

Scham, Verschämtheit, Beschämung, Unverschämtheit oder auch das Fremdschämen sind uns geläufige Begriffe. Das Hygiene-Museum Dresden setzte sich in einer umfangreichen Sonderausstellung mit dem Phänomen der Scham auseinander. Dabei wurde die Scham nicht als Relikt längst vergangener Zeiten aufgefasst, das inzwischen ab- oder aufgelöst ist. Im Gegenteil. Die Schau postulierte, dass die Scham bis heute eine wirkmächtige Konstante im Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur mit wichtigen Funktionen für das menschliche Zusammenleben darstellt. Sie ist im „Prozess der Zivilisation“ nicht verschwunden, sondern hat sich vielmehr in ein komplexes Regelwerk mit zahlreichen Kodifizierungen und kulturellen Ausprägungen gewandelt. Die Scham beeinflusst als „heimliche Macht“ viele scheinbar rationale Entscheidungen und gesellschaftliche Prozesse – nicht zuletzt den Umgang mit anderen Kulturen und Traditionen in einer globalisierten Welt. Scham als soziales und moralisches Gefühl ruft Werte wie Achtung, Respekt, Mitgefühl und soziale Verantwortung hervor. Sie fungiert zudem als Schlüssel individueller und kollektiver Identität, jedoch immer auch als Strukturelement der Macht- und Statusverteilung in modernen Gesellschaften. Die große Bandbreite der Exponate in Form, Datierung, Kulturgattung und Themenfeld ermöglichte einen umfassenden Blick auf den gesellschaftlichen Umgang mit Scham.

In einem Parcours von einhundert Gründen und Anlässen der Scham näherte sich die Ausstellung dem Phänomen Scham konsequent interdisziplinär. Unterschiedlichste wissenschaftliche Perspektiven bezog sie ebenso ein wie Werke historischer und zeitgenössischer Kunst.

Sich selbst als „sozialen Raum der Kommunikation“ verstehend, setzt das Hygiene-Museum betont auf vielfältige Angebote der kulturellen Bildung. Die Ausstellung wurde entsprechend von einer Vielzahl an Veranstaltungen – etwa Vortragsreihen, literarischen Lesungen, einer internationalen Tagung – inhaltlich begleitet.

Künstlerische Leitung: Daniel Tyradellis
Künstler/innen: Jörg Buttgereit, Christian Jankowski, Terence Koh, Alex McQuilkin, Olaf Metzel, Erik van Lieshout, Ferhat Özgur, Rokudenashiko, Joanna Rytel, Sašo Sedlaček, Phillip Toledano.

Scham. 10 Essays

Der Begleitband zur Ausstellung ist im Wallstein Verlag erschienen. Mit Beiträgen u. a. von Claudia Benthien, Peter Conzen, Iris Därmann, Ute Frevert, Karin Harrasser, Jean Louis Schefer, Daniel Tyradellis und Katherina Zakravsky.

Hg. von Daniel Tyradellis
Wallstein Verlag, 2016, 224 S.

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Kontakt

Deutsches Hygiene-Museum

Lingnerplatz 1

01069 Dresden

www.dhmd.de (externer Link, öffnet neues Fenster)