AIDS als globales Medienereignis

Plakate und ihre Bildsprache im interkulturellen Vergleich

AIDS - Nach einer wahren Begebenheit (c) DHMD

Die Krankheit AIDS hat die Welt radikal verändert und wird interdisziplinär aus kultur- und medizin- sowie medienhistorischer Perspektive erforscht. Seit fast 30 Jahren stehen Plakate im Mittelpunkt der Aidspräventionskampagnen; das Deutsche Hygiene-Museum Dresden begann seine Sammlung von Objekten zur Kampagnengeschichte in den 1990er Jahren, in deren Mittelpunkt das Plakat als Medium steht. Diese weltweit größte AIDS-Plakatsammlung umfasst derzeit 9000 Exemplare aus 100 Ländern. Sie sind wichtige mediale Zeitdokumente, die tradierte Werte und neue Leitvorstellungen vermitteln: Safer Sex, Homosexualität, Diskriminierung, aber auch die Sehnsucht nach Liebe, Solidarität mit den Betroffenen und die Angst vor dem Tod werden thematisiert.
Bildmotive und visuelle Gestaltung ermöglichen Aufschlüsse über Verhaltensmuster, Selbst- und Leitbilder des 21. Jahrhunderts, die der Fellow anhand einer interkulturellen Bildanalyse erarbeitet hat. Er recherchierte die konkreten politischen, wirtschaftlichen, ästhetischen und sozialen Entstehungsbedingungen der Plakate und interviewte die Gestalter, um Aufschlüsse über die Wünsche und Sehnsüchte der Zielgruppe zu erhalten. Schritt für Schritt hat der Fellow ein internationales Netzwerk und einen Schlagwortkatalog erarbeitet, der als Ausgangspunkt für weitere Plakatrecherchen dient.

 

Ausstellung "AIDS - Nach einer wahren Begebenheit. Bilder +++ Medien +++ Kunst"

Die Ausstellung im DHMD reflektierte den öffentlichen Diskurs über AIDS in Geschichte und Gegenwart und vermittelte gleichzeitig auch Wissen über die Krankheit, ihren Erreger und die Möglichkeiten, sich selbst zu schützen. In sechs Abteilungen beschäftigte sie sich mit: Unkenntnis, Angst und Scham, Sexualität und Moral, Schuldzuweisung und Diskriminierung, medizinischer und medialer Wirklichkeit, dem Körper sowie der globalen Verbreitung. Rund 240 ausgewählte Plakate traten in einen Dialog mit anderen Zeitdokumenten, darunter Werbung, Filme, TV-Talkshows, Radio-Jingles und andere Medien der Popkultur. Ergänzt wurde dieses multimediale Netzwerk durch künst­lerische Arbeiten, die unterschiedliche Aspekte der Bild­produktion und -politik rund um das Phänomen AIDS ästhetisch reflektierten.

Die panoramaartige Inszenierung nahm ein gesellschaftliches Thema in den Blick, das von Beginn an von fest sitzenden Vorurteilen und vermeintlichen Gewissheiten begleitet wurde. Medial erschien die Krankheit zunächst als ein Problem der „Anderen" - der Drogensüchtigen, Prostituierten und Homosexuellen. Das änderte sich erst ab Mitte der 1980er Jahre, als über Prominente berichtet wurde, die sich mit HIV infiziert hatten und Anti-AIDS-Kampagnen sich mit Fragen von Prävention und Fürsorge zu beschäftigen begannen. In der Folge nahm die Kommunikation über AIDS eine ähnlich epidemieartige Form an wie die Ausbreitung des Virus selbst. Die Ausstellung beleuchtete AIDS als globales Medienereignis, zeigte sie aber auch als ansteckende und vorerst unheilbare Krankheit, die untherapiert tödlich verläuft. Auch deshalb endete die Ausstellung mit einem Kino-Raum, in dem Aufklärungsfilme zu sehen sind.

Kurator der Ausstellung ist der kroatische Kunsthistoriker und Fellow am DHMD Vladimir Čajkovac.

Mit dem Programm Fellowship Internationales Museum

ermöglicht die Kulturstiftung des Bundes Gastkuratoren und Wissenschaftlern aus dem Ausland, für eine Dauer von 18 Monaten an einem Museum oder einer öffentlichen Sammlung in Deutschland zu arbeiten.

Fellowship Internationales Museum (externer Link, öffnet neues Fenster)

Vladimir Čajkovac, Fellow am Deutschen Hygiene-Museum

Vladimir Čajkovac war vor seiner Tätigkeit als Fellow am DHMD Kurator am Museum of Contemporary Art in Zagreb (MoCA Zagreb). Internationale Erfahrung sammelte er bei Ausstellungsorganisationen wie Gilbert & George: Jack Freak Pictures (2010), A Pair of Left Shoes – Reality check in Eastern Europe (2010), Danica Dakic: A Retrospective (2010) und L’amour du Risque – From the FRAC collection (2012). Er kuratiert für die 31. Biennale of Young Artists Zagreb den YOUTH SALON. Čajkovacs aktueller Forschungsfokus liegt auf der "Erfahrung des Verschwindens" innerhalb verschiedener Disziplinen. Als Kurator interessiert er sich für die Strategien und Muster, mittels derer Gesellschaft funktioniert sowie für Wandel und Dynamik gesellschaftlicher Wertvorstellungen.

Kontakt

Stiftung Deutsches Hygiene-Museum

Lingnerplatz 1

01069 Dresden

www.dhmd.de (externer Link, öffnet neues Fenster)